Es gibt doch nichts Schöneres, als in der klaren Morgenluft eines sonnigen Spätsommertages am Potomac River entlang zu fahren. Theoretisch jedenfalls:
Unglücklicherweise führt mein Weg ins Studio an allen wichtigen Brücken und den Ein- und Ausfallstraßen nach Rosslyn, Crystal City, dem Arlington National Cemetery und dem Pentagon vorbei. Wenn dann noch der 11. September auf dem Kalender steht, ist man eigentlich selber schuld, wenn man ins Auto steigt - oder man hat keine Wahl...
Statt der üblichen 35 Minuten habe ich heute 80 Minuten gebraucht, um nach Alexandria zu kommen! Was den verkehrstechnisch abgehärteten Amerikaner offenbar nur mittelmäßig schreckt *), ist für den an leere Straßen gewöhnten Norddeutschen, der in den letzten zehn Jahren einen Arbeitsweg von 5 Minuten mit dem Rad hatte, ziemlich schwer verdaulich. Im Radio wurde die vollkommen zerfahrene Situation etwas euphemistisch als "Challenging Commute" bezeichnet.
Ein kleiner Trost war die Möglichkeit, im Stau stehend endlich mal wenigstens ein schnelles Handyfoto von meiner Lieblingsansicht auf Georgetown schießen zu können:
Diese Stelle liegt mitten auf dem George Washington Parkway und ist für Fußgänger und Fotografen normalerweise leider nicht zugänglich.
*) Viele AutofahrerInnen nutzen die Zeit, um während der Fahrt zu telefonieren, zu spielen, SMSe zu schreiben, sich zu schminken, die Zeitung zu lesen, zu essen und zu trinken, usw... Das führt dazu, dass sie abgelenkt sind und von der Spur abkommen, Schlangenlinie fahren, zu spät bremsen oder das Wiederanfahren verschlafen. Hört sich schlimm an, ist es auch! Leider ist "Distracted Driving" in den USA dank der Allgegenwärtigkeit der Smartphones ein Riesenproblem geworden, insbesondere bei den Teens. In manchen Statistiken wird es bereits für fast 30 Prozent aller Verkehrsunfälle verantwortlich gemacht. Hundertausende von Verkehrsunfällen und tausende von Toten (!) werden in den USA mittlerweile pro Jahr auf "Distracted Driving" zurückgeführt.