Wenn man als Fotograf von einer Gallerie vertreten werden will, ist als Eintrittskarte normalerweise ein konsistentes Portfolio vorzulegen, d.h. eine den Gallerie-Standards entsprechend gedruckte und montierte Sammlung von exzellenten Fotografien, die einem definierten Thema gehorchen und in Form und Technik sauber und konsistent ausgeführt sind.
Das hört sich einfacher an als es ist.
Der Aufwand fängt mit der Wahl des Themas und der Auswahl der Bilder an. Anschließend müssen diese in Archivqualität ausgedruckt und mit Passepartouts und Hintergrundkarton versehen werden. Selbst für das museumsgerechte Montieren gibt es dedizierte Vorschriften bzw. Spielregeln. Schließlich muss ein passender Titel gefunden, ein Konzept geschrieben und evtl. ein künstlerisches Statement formuliert werden. Schließlich wird das Portfolio in passenden Archivboxen abgegeben.
Wer das zum ersten Mal macht, benötigt zudem einen geeigneten Drucker (meist größer als A4) samt Archivtinte und -Papier, muss wissen, wo er Passepartouts, Montagekarton, Gewebeband und Archivboxen kauft und wie alles montiert wird. Sprühkleber ist auf diesem Niveau nicht angesagt - man arbeitet stattdessen mit "Hinges". Die Gallerie, bei der ich mich beworben habe, hat in den Bewerbungsrichtlinien explizit das Buch "Foto Portfolio Success" von Kaplan empfohlen, um dem geforderten Standard zu entsprechen, seine Chancen zu wahren und nicht (aus Unwissenheit) ungerecht behandelt zu werden.
Um das folgende Portfolio von 12 Bildern in der geforderten Qualität zu produzieren, habe ich tatsächlich fünf Tage benötigt! Eine der Aussagen in Kaplans Buch ist, dass "viele Fotografen ein gutes Auge haben, aber nur wenige ein gutes Portfolio". Nach diesen fünf Tagen würde ich das durchaus unterschreiben, es ist eine ganze Menge Arbeit!
Lange Rede, kurzer Sinn, hier ist das Portfolio, unmontiert, ohne Passepartout und Hinges:
Der Titel des Portfolios ist "Heading Northwest, Landscapes and Structures between Hamburg and Helgoland". Es zeigt Schwarzweiß-Aufnahmen, die ich in den letzten Jahren in Hamburg, entlang der Elbe und an der Nordseeküste gemacht habe. Anders als die in dieser Region üblichen touristischen Landschaftsaufnahmen zeigt jede der Aufnahmen auch ein für die jeweilige Region "typisches" Bauwerk - vom Hamburger Fernsehturm über das Kernkraftwerk Brokdorf und die Raffinerie in Hemmingstedt bis hin zu den Pfahlbauten in St. Peter Ording. Das Portfolio stellt also die Spannung zwischen den in Hamburg und Schleswig-Holstein vorkommenden natürlichen Strukturen und denen, die in dieser Region aus dem einen oder anderen Grund von den Menschen selbst geschaffen wurden, in den Mittelpunkt.
Ob die Bewerbung erfolgreich sein wird oder nicht, ist nicht abzusehen. Auf zwei zu vergebende Plätze haben sich 18 Fotografen beworben. Dreizehn bestehende Galeriemitglieder stimmen ab. Wären alle Bewerber gleich gut (was sie nicht sind), stünden die Chancen 1:10! Die Konkurrenz ist beachtlich, große Chancen rechne ich mir daher nicht aus. Bin natürlich trotzdem gespannt und würde mich freuen, wenn es klappen würde. Lehrreich war diese Bewerbung allemal.
Nachtrag:
Mit der Multiple Exposures Gallery hat es leider nicht geklappt. Stattdessen wurde ich mit einer leicht modifizierten Fassung von "Heading Northwest" zum "Torpedo Factory Artist gewählt, ein ungleich wichtiger Schritt für meinen weiteren "fotografischen" Weg (siehe Bericht auf P.A.). Ein Teil der Bilder ist meist in Studio 306 zu sehen, und ab September 2012 werden acht von ihnen für drei Monate im Rahmen einer "Art in Public Space Mini Show" im 3. Stock der Torpedo Factory ausgestellt.