Wednesday, May 30, 2012

Frederick Community Bridge

In der Malerei gibt es eine Stilrichtung, die als Trompe l'oeil bezeichnet wird (übersetzt etwa: "Täusche das Auge"). Darin versucht der Künstler mit allerlei Tricks und Kniffen, den Betrachter an der Nase herum zu führen und eine Realität vorzutäuschen, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Ein bekannter Vertreter des Trompe l'oeil war etwa René Magritte, beispielsweise mit dem Bild "Die Beschaffenheit des Menschen" und seinen Variationen.

In Frederick in Maryland gibt es eine Brücke mit dem Namen "Community Bridge":



Eine schöne Standsteinbrücke mit vielen Einlagen, Ornamenten und Verzierungen:



Auf der einen Seite findet sich ein von Efeu umranktes gußeisernes Tor:



Auf der anderen die Skulptur einer antiken Schönheit mit Gewand und Wasserkrug:



Es gibt eine ganze Reihe mystischer Ornamente, die laut Infotafel in irgendeinem geheimnisvollen Zusammenhang zu den Bürgern von Frederick stehen:



Sehr schön, sehr schön. Doch warum schreibe ich das?

Irgend etwas stimmt nicht - wir wollen mal nah heran gehen, direkt mit der Nase dran:







Oh Schreck, alles nur gemalt!!!

Tatsächlich, die ganze Brücke ist ein Trompe l'oeil Kunstwerk! Und zwar ein richtig gut gemachtes! Alles ist aufgemalt: die Sandsteine, die Skulptur, die Dachrinne, die Eisentür, die Ornamente. Selbst das Efeu und der Grünspan stammen aus dem Farbeimer.

Erst wenn man ganz nah ran geht, sieht man es:





Oder wenn die Sonne "falsch" steht:



Wunderbar :-))

Die Brücke war einmal eine langweilige, graue, strukturlose Betonbrücke, wie man sie zu tausenden auf der ganzen Welt findet. Bis sie zwischen 1993 und 1998 von dem Künstler William M. Cochran in Zusammenarbeit mit den Bürgern von Frederick (die eigene Vorschläge zur Gestaltung einbringen konnten) in ein Trompe l'oeil Kunstwerk verwandelt wurde. Gemalt wurde mit Silikatfarbe der deutschen Fa. KEIM, die sich mit dem Beton verbindet und viele Jahrzehnte lang hält.

Direkt neben der Brücke befindet sich das Delaplaine Visual Arts Education Center, das man bei dieser Gelegenheit gleich mit besuchen kann. Vorher sollte man sich aber die Infotafel zur Brücke aufmerksam durchlesen - sie hält nämlich eine kleine Überraschung parat und macht den Besuch des Kunstzentrums noch etwas lohnenswerter!

Sunday, May 27, 2012

Living with Art

Gestern, auf dem Sofa, das iPhone griffbereit:



Mittlerweile sind einige Interpretationen für den Titel des Postings aufgetaucht:

  1. Das Foto ist ganz witzig, hauptsächlich wegen des gepunkteten Schweins und weil der Kater gähnt. Auf dem Sofa liegt zufällig ein Buch herum, und der Artikel brauchte halt einen Titel.

  2. Irgendwie hat das Leben in Potomac mittlerweile an allen Ecken und Enden etwas mit Kunst zu tun und selbst der Kater bekommt die Folgen zu spüren.

  3. Das Schwein ist ein Kunstwerk aus der Sammlung des Katers.

  4. Das Schwein heisst Art und das alles hat überhaupt nichts mit Kunst zu tun.

  5. Der Kater heisst Art.

  6. Der Fotograf heisst Art...

Any other ideas?

PS. Wer noch mehr Spaß haben möchte, schaut sich die Google Übersetzung an.

"The pig is called type"???

Thursday, May 24, 2012

Artomatic

In Crystal City findet mit der Artomatic gerade "DC's Biggest Creative Event" statt. In einem ausgemusterten und zum Abriss vorgesehenen Bürogebäude...



...findet man jede Art von Kunst, die man sich nur vorstellen kann. 1300 Künstler und Performer haben das Gebäude "übernommen" und auf elf Stockwerken ihre Installationen hinterlassen:



Es gibt Musik, Malerei, Fotografie, Skulpturen, Graffities, Performances, Multimedia-Installationen, Artist Resource und Professional Development Centers, verschiedene Lounges, einen Store, und vieles mehr. Manchmal hängen nur ein paar Bilder in einer Ecke oder an der Wand, manchmal sind es ganze Räume oder sogar ein ganzes Stockwerk, die in ein Gesamtkunstwerk verwandelt wurden.

Was man in diesem gigantischen Gebäudekubus vorfindet, verschlägt einem schlicht die Sprache, so einfallsreich, schräg und vielfältig ist es. Bei meinem ersten Besuch habe ich nur das erste, das elfte und einen Teil des zehnten Stockwerks gesehen, für alles andere blieb keine Zeit. Nach zwei Stunden und etwa zweihundert Installationen war allerdings auch die Grenze der Aufnahmefähigkeit erreicht.

Nachfolgend ein paar Bilder von Kunstwerken, die mich beeindruckt haben (bzw. gut aussahen):



















Wie gesagt, das ist nur ein ganz, ganz, ganz kleiner Teil der Ausstellung! Nicht ansatzweise vollständig, noch nicht einmal repräsentativ. Also, wer auch immer in der Nähe wohnt und an Kunst interessiert ist: HINFAHREN und STAUNEN!!! Viele der Künstler haben Karten oder Gästebücher hinterlassen, ein Teil der Werke ist mit Preisen versehen und kann gekauft werden.

Das Event findet noch bis zum 23. Juni in Crystal City statt, der merkwürdigen rotbraunen Büro-Trabantenstadt gegenüber des Reagan National Airport. Die Adresse lautet 1851 S. Bell Street, Crystal City, Virginia. Der Eintritt ist frei, das Parken schwierig (oder teuer). Bringt Zeit mit, es lohnt sich!

Tuesday, May 22, 2012

Stand der Dinge

Auf mehrfachen Wunsch hier ein kurzer Bildbericht zur Lage in Studio 306.


Ausblick (Abends, bei gutem Wetter)


Einblick (vor ein paar Minuten aufgenommen)

Sunday, May 20, 2012

Northern Virginia Fine Arts Festival

In Reston fand an diesem Wochenende bei allerbestem Wetter das Northern Virginia Fine Arts Festival statt. Das ist ein jährlicher Openair-Kunstmarkt mit etwa 200 hochkarätigen Künstlern aus dem ganzen Land, die von einer Jury handselektiert wurden.

Das Festival fand in der Market Street und ihren Nebenstraßen statt und war sehr gut besucht:



Naturgemäß waren viele Maler und Fotografen vertreten, es gab aber auch viele Künstler, die Schmuck, Skulpturen, Keramik-, Textil- oder Holzkunst herstellten. Die Vielfalt und Qualität der ausgestellten Arbeiten war bemerkenswert.

Nicht alle Künstler mögen es, wenn ihre Stände fotografiert werden. Auch dann nicht, wenn man erklärt, dass man "lediglich" Illustrationen für eine Reportage über das Festival erstellt, und eben gerade nicht heimlich Reproduktionen anfertigt, die man sich Zuhause für billiges Geld an die Wand hängen will.

Hier ein kleiner Blick auf einige der Stände, die mich beeindruckt haben (ohne Anspruch auf Repräsentativität oder Vollständigkeit):









Die zugehörigen Künstler sind Mike Behr, David Burton, Andrew Sovjani und Mark and Carol Reynolds. Eine vollständige Liste aller Künstler findet sich auf der Website des Festivals.

PS. Das in der Nähe des Dulles Airports liegende Reston ist auch deshalb bemerkenswert, weil es eine in den 60er Jahren am Reissbrett entworfene, international bekannte Planstadt ist, in der auch heute noch strenge Bebauungspläne und Gestaltungsrichtlinien gelten. Und vielleicht auch, weil dort vor 20 Jahren in einer Affenstation die Ebola ausbrach. Was ebenfalls weltweite Beachtung fand, sich aber später als für den Menschen harmlos heraus stellte.

Monday, May 14, 2012

Studio 306

Seit gestern bin ich Untermieter in Studio 306 der Torpedo Factory, dem Studio des Malers James Dean.

James brauchte etwas Unterstützung, um mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben und suchte jemanden, dessen Werk zu seinem passt und der ihm in den nächsten drei Monaten etwa die Hälfte der vorgeschriebenen Öffnungszeiten abnimmt. Für mich war das natürlich eine große Chance und wir sind uns schnell handelseinig geworden.

Studio 306 ist ideal. Es liegt im dritten Stock der Künstlerfabrik, ist nicht allzu groß, aber auch nicht zu klein und hat einen sehr schönen Blick auf den Potomac River und den Hafen von Old Town Alexandria. In unmittelbarer Umgebung finden sich die meisten anderen Fotografen der Torpedo Factory, beispielsweise Craig Sterling, Min Enghauser, James Steele und Pete McCutchen. Außerdem ist die Multiple Exposures Gallery um die Ecke.

Ab sofort bin ich drei mal pro Woche im Studio, nämlich Montags, Dienstags, Donnerstags und gelegentlich am Wochenende. So der Plan für Mai; die Vereinbarungen für Juni und Juli und evtl. weitere Monate stehen noch aus.

Damit ihr euch einen Eindruck machen könnt, wie es hier oben aussieht, hier ein paar Bilder von gestern Abend:







Man sieht, dass Jim eine Wand geräumt und mir als Ausstellungsfläche zur Verfügung gestellt hat. Nach einem Tag (mit relativ viel Publikum) hängen noch nicht allzu viele Bilder an der Wand, und meine Aufgabe in den nächsten Tagen und Wochen wird es sein, eine attraktive Auswahl aus meinem Fundus von 17.000 Bildern zu selektieren, drucken und zu rahmen.

Der Weg hierher war einigermaßen steinig. In ein Studio kommt man nur, wenn man im Rahmen der Annual Jury zum Associate Artist gewählt wird. Zudem benötigt man eine allgemeine Arbeitserlaubnis und muss sich anschließend eine Social Security Number besorgen. Dann muss man sich durch Beschaffung einer Employer Identification Number als Selbstständiger im Federal Tax System der Vereinigten Statten verankern. Schließlich benötigt man ein Sales Text Certificate des Staates Virgina und eine Business Licence der Stadt Alexandria. Und all diese Stellen wollen ab sofort auch Steuererklärungen sehen, in monatlichen, vierteljährlichen oder jährlichen Abständen.

Anyway, für mich war das eine große Chance und ich habe die damit verbundenen Aufwände gerne erledigt. Auch wenn ich mich eher der redaktionellen Arbeit als der Fine Art Fotografie verpflichtet fühle, ist es eine interessante Erfahrung und es gibt mir die Gelegenheit - mit etwas Glück - ein paar meiner Bilder zu verkaufen.

Sunday, May 6, 2012

Wo ist der Mond?

Gestern war Vollmond, und zwar der "größte" des Jahres, die Mondscheibe war gute zehn Prozent größer als gewöhnlich. Viele Fotografen aus D.C. und Umgebung haben das zum Anlass genommen, zum Marine Corps Memorial zu fahren, um von dort die National Mall mit dem großen Vollmond im Hintergrund zu fotografieren:



Leider hat das Wetter nicht mitgespielt. Der Mond blieb die ganze Zeit hinter den Wolken verborgen und die meisten Fotografen sind unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Na ja, ich habe eine kleine Serie ohne Mond aufgenommen, in der man erkennen kann, wie sich das Licht verändert und wie die Stadt vom Tag- in den Nacht-Modus übergeht:

19:55, 1/30 s

20:08, 1/13 s

20:17, 1/4 s

20:22, 0,6 s

20:25, 1 s

20:30, 2 s

Neben den Bildern steht der jeweilige Aufnahmezeitpunkt und die verwendete Belichtungszeit. Alle Aufnahmen wurden mit einer Brennweite von 280 mm (equiv. KB) und Blende f/6.3 gemacht. Mondaufgang war 19:50 Uhr, Sonnenuntergang 20:05 Uhr.

Monday, April 23, 2012

Tierportraits

Der Washingtoner Zoo ist vielleicht nicht der spektakulärste Tierpark der Welt, aber was zu fotografieren gibt es eigentlich immer. Vor einiger Zeit habe ich über die Red Pandas berichtet, diesmal habe ich bei einem kurzen Besuch ein paar Schnappschüsse bei den Reptilien und den Menschenaffen gemacht:





Auch hier hat sich wieder einmal das 1.8/45er bewährt. Seine Auflösung ist sehr hoch, die Brennweite ist für (Tier-)Portraits genau richtig und dank Blende 2.0 kann man auch in Innenräumen mit relativ niedriger ISO-Einstellung fotografieren.

Besonders interessant finde ich die großen Menschenaffen, vor allem die Orang-Utans, sie haben Ausdruck und Persönlichkeit. Beispielsweise die 25-jährige Iris, die als "charismatic" und "star of several research programs" beschrieben wird:



Oder die viel jüngere Batang,...



...die sich gern auch mal alleine in den Thinktank zurückzieht, um dort ihre Ruhe zu haben und die Schmusedecke nicht ständig gegen Störenfriede verteidigen zu müssen. Weitere Informationen zu den Orang-Utans finden sich auf der Web-Site des Zoos.

Friday, April 20, 2012

Las Vegas

Stellt man sich Las Vegas vor, sieht man die glitzernden Neonreklamen und die mondänen Hotels. Man denkt an Spiel und Spaß, an laute Musik, an Partys, Shows, Luxus, und an Unterhaltung bis zum abwinken. Man sieht den nachgebauten Eiffelturm im "Paris", die Freiheitsstatue vor dem "New York New York", die Gondeln im "Venetian" und die Fontainen des "Bellagio" vor sich. Wahrscheinlich denkt man an Siegfried und Roy und ihre (pensionierten) weißen Tiger im "Mirage".



Weniger bewusst ist den jährlich 40 Millionen Besuchern, dass Las Vegas eine der Städte mit der höchsten Kriminalitätsrate und der größten Arbeitslosigkeit ist. Die Stadt hat stark unter der Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre gelitten und man sieht selbst direkt am Strip Bauruinen und geschlossene Casinos (z.B. das "Sahara"). In der Stadt gibt es - bei insgesamt gut 500.000 Einwohnern - geschätzte 100.000 Obdachlose! Auch die Zuwanderer- und Ausländerquote gehört zu den höchsten in den USA.

An allen Ecken und Enden drücken dir fliegende Händler kleine Pappkärtchen in die Hand:



Darauf Bilder von halbnackten Mädchen und "ihre" Telefonnummern: "GIRLS DIRECT TO YOU IN 20 MINUTES". Nach ein paar Minuten hat man dutzende dieser Kärtchen in der Hand. Dass deine eigene Frau oder Freundin direkt neben dir läuft, stört die (oft weiblichen) Verteiler nicht.

An einem ganz normalen Freitag Abend liegt an einer Straßenkreuzung vor dem "Mirage" ein Mann regungslos unter einer Leuchtreklame:



Man kann nicht erkennen, in welchem Zustand er ist. Schläft er seinen Rausch aus? Ist er verletzt oder ohnmächtig? Atmet er? Die Passanten gehen teilnahmslos vorbei. Dutzende, hunderte. Ausnahmslos. Gelegentlich fühlt sich jemand gestört, ist angewidert. Niemand versucht herauszufinden, was los ist. Ich auch nicht. Zu gefährlich? Bloß nicht die Laune verderben lassen? Calling for trouble? Bin doch nicht verrückt...

Fazit?

Ambivalent!

Vielleicht: die Mauer zwischen Glitzer- und Unterwelt ist nicht so hoch, wie man denken mag.

Tuesday, April 17, 2012

Discovery landing...

Der nach knapp 30 Jahren außer Dienst gestellte Space Shuttle Discovery wurde heute von Miami nach Washington überführt, um dort seinen Ruhestand im National Air and Space Museum anzutreten. Auf dem Rücken einer Boeing 747 überflog er am Vormittag mehrfach den Großraum Washington, um letztendlich sicher auf dem Dulles International Airport zu landen.

Gegen viertel vor zehn überflog das von zwei F16 Kampfjets begleitete Gespann zum ersten Mal den Flughafen:


Das seit Wochen angekündigte Ereignis war natürlich in allen Medien präsent und da das Wetter mitspielte, füllten sich kurz nach zehn alle freien Plätze rund um den Flughafen mit hunderten von Schaulustigen und machten die Autobahnen zu einem einzigen großen Parkplatz:


Nach dem ersten Besuch in Dulles ging es zunächst noch einmal zurück in Richtung D.C. Dort drehten der Jumbo und sein Gast über den Augen tausender Schaulustiger ein paar Runden über der Stadt und flogen gegen halb elf nach Dulles zurück. Nach einer weiteren großräumigen Ehrenrunde landeten Flugzeug und Raumfähre sicher und wohlbehalten auf der Ostpiste des Airports:




Nun wird der Shuttle demontiert und zu seinem endgültigen Bestimmungsort im Udvar-Hazy Center geschleppt. Am Donnerstag findet die offizielle Begrüßungsfeier statt und am Wochenende geht es mit dem "Family Day" dann richtig los.