Monday, August 27, 2012

Great Falls Detail

Da die Great Falls of the Potomac River "um die Ecke" liegen, war ich schon unzählige Male dort. Natürlich hatte ich meist eine Kamera dabei, aber die Bildergebnisse waren oft enttäuschend. Zwar hat man von den Aussichtsplattformen in Maryland oder Virginia einen tollen Überblick über die Stromschnellen, und die Größe und Weite des vor einem liegenden Naturschauspiels ist beeindruckend.

Für ein gutes Foto fehlte jedoch ein Center of Interest, also eine herausgehobene Stelle im Bild, an der das Auge sich festklammern und der Blick des Betrachters immer wieder zurück kehren kann. Alle Versuche, die Great Falls mit einem Weitwinkel- oder den moderaten Tele-Brennweiten eines Kit-Objektivs (oder eines Smartphones) zu fotografieren, waren letztlich unbefriedigend, weil es mir nicht gelungen ist, einen guten Blickfang zu finden.

Etwas besser wurde die Sache erst, als ich ein langes Teleobjektiv dabei hatte:



Bei etwa 200 mm (equiv.) Brennweite kann man sich besser auf Details konzentrieren; in diesem Fall auf einen der vielen kleineren Wasserfälle innerhalb der Stromschnellen. Die umliegenden Felsinseln rahmen das Hauptmotiv ein und führen das Auge des Betrachters im Bild herum. Das Licht war leicht diffus und arbeitete die Textur der Felsen gut heraus, ohne allzu harte Schatten zu werfen.

Glück hatte ich auch, weil der Potomac River schon seit Monaten sehr wenig Wasser führt, denn dadurch ragen Felsen aus dem Wasser, die man sonst gar nicht sehen (und zur Bildgestaltung verwenden) könnte. Zudem leuchtet das Wasser schön blau und grün - ganz im Gegensatz zu dem hässlichen Braun, das es hat, wenn nach ausgiebigen Regenfällen oder nach der Schneeschmelze viel Wasser aus den Oberläufen der zuführenden Flüsse heruntergespült wird.

Sunday, August 26, 2012

Am C & O Canal III

Über den C & O Canal habe ich hier schon mehrfach geschrieben. Wir sind immer mal wieder da, aber bei unserem letzten Besuch sah es anders aus üblich:



Die impressionistische Bildwirkung kommt dadurch zustande, dass sich die in der Nachmittagssonne aufgehellten Baumwipfel im Kanal spiegeln und durch die eigenartige Interferenz mit der Wasseroberfläche farbige, weich fließende, an Pinselstriche erinnernde Muster bilden. Monet hätte es nicht besser hinbekommen ;-)

PS. Ein paar Hinweise zu "impressionistischen Fotografien" findet ihr hier.

Wednesday, August 22, 2012

Es blitzt!

Bei einem Profi gehört der Aufhellblitz zum festen Repertoire seiner Trickkiste; kontrastreiche Gegenlichtaufnahmen sind dafür geradezu prädestiniert:



Ich habe zum Aufhellen dieses Fotos den kleinen Aufsteckblitz verwendet, der im Lieferumfang der Olympus E-M5 enthalten ist. Seine Intensität lässt sich gut regeln und die Stärke reicht für solche Close-Ups allemal aus. Ohne Blitz wäre das Katzengesicht nicht nur dunkler, sondern auch viel weniger detailreich geworden. Die Qualität des Bildes wäre ohne Aufheller sehr viel (!) schlechter geworden.

Selbst Point-And-Shoot-Kameras haben meist einen eingebauten Blitz, den man zum Aufhellen verwenden kann. Entscheidend ist die Möglichkeit, die Blitz-Intensität regulieren zu können; eine Einstellung, die bei vielen Kameras tief im Menüsystem versteckt ist. Es lohnt sich, damit zu experimentieren, und wer es noch nicht gemacht hat, sollte es am besten selbst einmal ausprobieren!

Saturday, August 11, 2012

Gravelly Point

Nördlich vom Reagan National Airport befindet sich zwischen der Stadt Arlington und dem Potomac River der Gravelly Point Park.

Der Name "Park" ist vielleicht ein bisschen übertrieben, denn eigentlich handelt es sich nur noch um einen großen Parkplatz, der in nördlicher Fahrtrichtung vom George Washington Parkway erreichbar ist, und der ideale Voraussetzungen für Plane Spotter bietet.

Denn wenn man zur richtigen Tageszeit da ist und der Wind aus südlicher Richtung weht, fliegen im Minutenabstand Flugzeuge bis etwa zur Größe einer Boeing 737 in wenigen Metern Abstand über den Park hinweg, um ein paar Sekunden später auf dem nur 300 Meter entfernten Airport zu landen:



Das ist bei den meisten Flugzeugtypen derart druckvoll und laut, dass man sich einerseits fragt, wieso diese Art von Technik überhaupt so oft und so fehlerfrei funktioniert und man andererseits nach jedem Überflug dankbar ist, dass der Flieger nicht vor den eigenen Füßen auf die Wiese gestürzt ist.

Alles in allem: Nervenkitzel pur, unbedingt mal hinfahren!

Monday, August 6, 2012

Concepcion II

Vor einiger Zeit hatte ich einen Artikel über Concepcion Picciotto geschrieben, die Dauerprotestlerin vor dem weißen Haus.

Kürzlich waren wir wieder einmal da - und Concepcion auch. Ihre Botschaft diesmal: "Disarm IsraHell":



Ehrlich bewundernswert, das Stehvermögen dieser alten Dame - und das meine ich überhaupt nicht abwertend! Ich habe ein paar Schnappschüsse gemacht und konnte einen davon auf Portraitformat vergrößern. So sieht sie also aus :-)

Sunday, August 5, 2012

Ordnung und Chaos

Während der vergangenen Woche in der Torpedo Factory habe ich mir Gedanken über Dinge wie Ordnung, Chaos, Unordnung, Aufräumen, etc. gemacht. Warum? Fast jedes Buch über (fotografische) Bildgestaltung fordert, das die eigenen Fotos eine gewisse Ordnung haben sollten. Dass nicht zu viele und nicht zu wenige Elemente darin sein sollen. Dass man als Fotograf (der anders als ein Maler subtraktiv arbeitet) seine Bilder von unnötigem Ballast befreien soll.

Die "richtige" Balance zwischen Einheit und Vielfalt, zwischen Einfachheit und Komplexität ist eine der ganz großen heiligen Kühe der darstellen Kunst.

Niemand erklärt aber so recht, wie man Ordnung bzw. Unordnung misst, und welche "Operatoren" es gibt, den einen Zustand in den anderen zu überführen. Da eines der Unterkapitel in meinem Buch (wenn es denn mal eins wird) sich mit genau diesem Thema beschäftigen wird, wollte ich ein wenig Grundlagenarbeit leisten und habe im Studio experimentiert.

Hier z.B. eine Serie mit bunten Radiergummis:







Oder mit Büroklammern:







Ich habe auch mit Gegenständen experimentiert, die mehr als eine unterscheidbare Dimension hatten, mit einfarbigen Gegenständen, mit solchen, bei denen die Orientierung eine Rolle spielt, mit kleinen und großen Anzahlen, mit dem Einfluss der Schwarz-Weiß-Fotografie, mit realen Dingen, mit Behältern ohne oder mit transparentem oder blickdichtem Deckel, usw...






Diese Experimente haben bei den Besuchern und bei einigen Studionachbarn einiges Interesse verursacht, und ich habe ein paar interessante Anregungen bekommen. Ohne zuviel zu verraten, sei gesagt, dass ich (nach mehreren Fehlversuchen) sowohl eine ganz brauchbare Metrik gefunden habe, um die Anzahl der wahrgenommenen Elemente in einer Bildszene zu "zählen", als auch eine Liste der Operatoren, mit denen Bilder (und andere Dinge) aufgeräumt oder unordentlich werden können.

So weit, so gut. Jetzt gilt es, die Verbindung zwischen diesen theoretischen Vorarbeiten und der tatsächlichen Praxis des Fotografierens herzustellen und das Ganze mit Beispielen zu würzen und in eine lesbare und verständliche Form zu bringen. Dann wäre einer von etwa fünfzehn Unterabschnitten in trockenen Tüchern.

Tuesday, July 31, 2012

Der Erzengel von Frederick

In dem Artikel Frederick Community Bridge hatte ich über die trompe l'oeil-Malereien an der gleichnamigen Brücke berichtet. Ein wichtiges Detail hatte ich allerdings seinerzeit vergessen:



Die Inschrift neben der Brücke sagt dazu:

"The unusual painting in the circle on your right on the bridge is called Archangel. It is an anamorphic projection, a special type of artist's perspective made to be seen from sharp angle".

Den scharfen Winkel erhält man idealerweise durch einem Blick aus einem der Fenster des nebenan liegenden Delaplaine Art Centers; genau so gut kann man den Engel aber auch von Flussseite betrachten, wenn nur der Winkel spitz genug ist:



Anamorphische Projektionen sind nicht nur bei Malern beliebt, sondern spielen beispielsweise auch bei der Projektion von Filmen auf Panormaleinwände eine Rolle oder werden bei Verkehrszeichen benutzt, die auf Straßenoberflächen gemalt werden. Weitere Infos dazu finden sich in der Wikipedia und an vielen anderen Stellen im Internet (bweispielsweise hier).

Sunday, July 15, 2012

Das Udvar-Hazy Center

Südlich des Dulles Airport liegt das Steven F. Udvar-Hazy Center, die "Außenstelle" des in DC angesiedelten Air and Space Museums. Wer sich für die Luft- und Raumfahrt interessiert, findet dort in zwei riesigen Hangars eine grandiose Vielfalt an Fluggeräten aller Art:



Ausgestellt sind dort neben vielen kleineren Fluggeräten viele echte Klassiker der Luftfahrtgeschichte, etwa die JU-52, ein B-29-Bomber, eine Super Constellation, eine Boeing 707, eine SR-71 Blackbird und sogar die Concorde:



Daneben gibt es jede Menge Hubschrauber, Kriegsflugzeuge, Doppeldecker, Ultraleichtflugzeuge und alles Mögliche aus der Raumfahrt und Waffentechnik, wie beispielsweise Raumkapseln, Raketen, unbemannte Drohnen und Cruise Missiles, diverse Raketentriebwerke, den Mars-Pathfinder-Rover und eine ganze Reihe teils skuriller Satelliten:



Der Star des Centers ist aber ohne Zweifel die ausgemusterte Raumfähre Discovery, die im April hierher überführt wurde:



Dieses beindruckende (und wenn man sie noch nie gesehen hat überraschend große) Gefährt hat einen eigenen Hangar und steht dort seiner Bedeutung entsprechend im Mittelpunkt der Raumffahrttechnik-Ausstellung:





Man sieht der Discovery ihr Alter und die große Zahl ihrer Einsätze geradezu an. Da sie nicht aufpoliert, sondern in ihrem gebrauchten Zustand belassen wurde, wirkt sie sehr authentisch.

Auf der Unterseite ist die Discovery mit hitzebeständigen Kacheln gepflastert, alle einzeln nummeriert, viele von ihnen ausgeglüht, viele bereits getauscht:





Oberhalb der Kacheln ist sie an vielen Stellen mit hitzebeständigem Stoff bespannt:



Insgesamt sehr interessant anzusehen, und wer in der Nähe ist, sollte sich die Gelegenheit zu einem Besuch nicht entgehen lassen.

Was wir in der Ausstellung nicht gesehen haben, war ein Hinweis auf die vielen Unglücke und Katastrophen, die die Geschichte der Luft- und Raumfahrt gepflastert haben. Auf der anderen Seite werden die ausgestellten Stücke aber auch nicht allzu heroisch oder patriotisch dargeboten. Man sieht eine Ausstellung, die sich gewissermaßen auf die technischen Aspekte des Themas konzentriert. Das mag dem einen oder anderen zu eindimensional sein, interessant ist es allemal. Ein Besuch lohnt sich also definitv, und auch, wer nicht übermäßig technik affin ist, wird sich Faszination der Exponate kaum entziehen können.

Der Eintritt ist übrigens frei, wie bei allen Smithonian Institutions, das Parken und einige der Special Attractions (z.B. die Simulatoren) dagegen nicht.

Thursday, July 12, 2012

TFAA Interview

Im Rahmen einer Serie über ihre "internationalen" Künstler hat die Torpedo Factory einen Artikel über mich und meine Arbeit geschrieben:



Der Artikel findet sich im Künstler-Blog der TF und kann auch direkt unter diesem Link abgerufen werden. Er beschreibt meinen Arbeitsstil, zeigt einige Fotos und geht auch auf die Verbindung zwischen Informatik und Fotografie ein. Enjoy!

Wednesday, July 11, 2012

It's only Mist!

Lange war hier nichts Neues mehr zu lesen: Urlaub, Fernreisen, andere Verpflichtungen. I apologize. Zum Wiedereinstieg ein interessantes Foto:



Wir stehen auf der amerikanischen Seite der Niagara-Fälle und schauen auf die kanadische. Sieht dramatisch aus, nicht wahr? Da kommen gleich sehr ungute Erinnerungen wieder hoch...

Glücklicherweise ist die Sorge unbegründet. Der "Rauch" ist nichts weiter als der Sprühnebel der Horseshoe Falls, an dessen Rand ein paar hundert Zuschauer stehen. Im Hintergrund die LasVegas-artige Skyline auf der kanadischen Seite von Niagara Falls.

Saturday, June 16, 2012

Antelope Canyon

Fast jeder hat diese Bilder schon einmal gesehen, und jeder Kamerabesitzer träumt davon, sie selbst einmal zu fotografieren. Die Rede ist vom Antelope Canyon und seinen bizarren, über Jahrtausende geformten Sandsteinformationen, dessen organische Formen in spektakulären Farben aufleuchten:







Der Antelope Canyon liegt am Rand des kleinen Städtchens Page in Arizona. Es gibt einen Upper und einen Lower Antelope Canyon, die bekanntesten Bilder stammen wohl aus dem Upper Antelope Canyon (ebenso wie die hier gezeigten). Um ihn zu besichtigen, muss man eine geführte Tour buchen, die je nach Tageszeit etwa 30 bis 40 Dollar pro Person kostet, und die einem etwa eine Stunde Zeit im Canyon gibt. Mittags ist es teurer, weil man nur dann die Chance hat, einen der Light Beams zu fotografieren. Es gibt auch spezielle Touren für Fotografen, die etwa doppelt so teuer sind.

Die Touren gehen mitten in Page los:



Der Canyon liegt im Navajo-Gebiet, etwas östlich von Page, und die Touren werden von den Navajos organisiert. Die Fahrt auf den Geländelastwagen führt an der Navajo Generation Station vorbei (kurz "NGS"), einem großen, ziemlich auffällig mitten in der Wüste liegendem Kohlekraftwerk mit 2000 Megawatt Leistung:



Von der Hauptstraße bis zum Canyoneingang geht es dann noch einmal einige Kilometer über eine sandige Buckelpiste, auf der man ordentlich durchgeschüttelt wird:



Nach der Ankunft werden Gruppen von etwa zwanzig Personen gebildet, denen jeweils ein Guide zugeordnet ist, der die Gruppe durch den Canyon führt.

Der etwa 400 Meter lange Canyon ist eine Art Erdspalte, die durch einen Nebenarm des Colorada River in den Sand gewaschen wurde. Durch das von oben einfallende Licht ergeben sich die auffälligen Formen und Farben.

Man geht ebenerdig in ihn hinein und fotografiert die ganze Zeit nach oben:





Im Canyon herrscht ein ziemlicher Trubel. Es ist relativ eng und ständig kommen Leute von vorne oder hinten oder drängeln sich vorbei. Bleibt man zu lange stehen, ermahnt einen der Guide, wieder zur eigenen Gruppe aufzuschließen, um der nachfolgenden nicht die Chancen zu verderben. Am Ende wird kehrt gemacht und man geht auf gleichem Weg wieder zurück zum Eingang. Touristen mit ihren kleinen Knipsen vermischen sich mit ambitionierten Amateuren und Profis mit großem Equipment:



Die Guides kennen sich mit den Fotomöglichkeiten und den unterschiedlichen Kameratypen ganz gut aus und helfen, wo sie können. Grundsätzlich können daher auch die weniger gut ausgestatteten Besucher zu halbwegs brauchbaren Bildern kommen. Mitunter helfen die Guides etwas nach und werfen Staub in die Luft, um einen Lichtstrahl sichtbar zu machen oder einen kleinen Sandwasserfall zu erzeugen:



Durch die starken Helligkeitsunterschiede im Canyon sind einfache Kameras aber schnell überfordert. Ihr Dynamikumfang reicht nicht aus, um den kompletten Tonwertumfang von den hellen Stellen ganz oben bis zu den dunklen Sandsteinen im unteren Bereich vollständig abzubilden.

Meist neigen die Automatikprogramme wegen der großen überwiegend dunklen Flächen zur Überbelichtung und waschen die hellen Stellen vollständig aus. Statt einen schönen Übergang von rot über orange nach gelb hinzubekommen, ist der helle Bereich dann vollkommen weiss und kann auch in Photoshop nicht mehr gerettet werden. Andererseits werden die dunklen Stellen nicht schwarz, sondern grau und sind meist auch noch verrauscht. Zudem können die nötigen langen Belichtungszeiten zu Verwacklern führen.

Am besten sind diejenigen dran, die eine Kamera mit großem Dynamikumfang und manuellen Einstellmöglichkeiten, sowie lichtstarke Objektive besitzen. Für die meisten Motive benötigt man Brennweiten im Bereich von etwa 28 bis 100 mm.



Ich habe mit einer Olympus E-P3 und dem Kitobjektiv bei ISO 800 aus der Hand fotografiert, meist mit Belichtungszeiten von 1/6 bis 1/10 Sekunden. Das war gerade noch akzeptabel, aber eigentlich hätte ich mir mehr Dynamik gewünscht. Objektivwechsel waren aus Zeitmangel und wegen des Staubs tabu. Optimal wären zwei Gehäuse gewesen, eines mit dem 20er und eines mit dem 45er, beide auf Blende f/2 eingestellt. Dann hätte ich mit ISO 200 fotografieren können und der Dynamikumfang des Sensors wäre etwa 2 Blenden größer gewesen. Den gleichen Effekt hätte ein Stativ gebracht.

Alles in allem war der Upper Antelope Canyon aber ein spektakuläres Erlebnis und steht in der Rangliste unseres Trips durch den Südwesten der USA ganz, ganz weit vorne. Wir sind voll auf unsere Kosten gekommen und haben die hohen Eintrittspreise keine Sekunde bereut.

Saturday, June 9, 2012

Der Pi-Ring

Schon bevor ich in die Torpedo Factory eingezogen bin, habe ich Eric Margry in Studio 229 kennengelernt. Er ist einer der wenigen verbliebenen "Hand Engraver", also einer jener Künstler, die winzige Schriften, Wappen und Ornamente ohne elektrische Hilfsmittel, nur mit Hilfe feiner stählerner Stecheisen in Schmuckstücke aus Silber und Gold gravieren können.

Am letzten Wochenende wurde Eric in der Artikelserie First Person Singular in der Washington Post portraitiert. Herzlichen Glückwunsch, das ist eine echte Auszeichnung!

Irgend ein Verrückter hat bei ihm einen Ring bestellt, der die Kreiszahl PI symbolisiert. Auf dem Rand steht 3.141592..., auf der Oberseite folgende Formel:



Das ist eine Kurzschreibweise für die als Leibniz-Reihe bezeichnete Summe 1/1 - 1/3 + 1/5 - 1/7 + 1/9 - 1/11... usw. Diese konvergiert zwar sehr langsam, aber wenn man sie bis ins Unendliche fortsetzt, kommt schließlich PI/4 heraus.

Die Optik der Formel musste zunächst ein bisschen aufgehübscht werden, weil die Größen und Proportionen der originalen TeX-Darstellung für den Ring nicht ganz stimmig waren. Zwar kann die Knuth'sche Formelästhetik grundsätzlich als sehr gelungen angesehen werden. Aber für den Ring war das Summenzeichen etwas zu klein, der Bruch zu groß und die Gleichheitszeichen zu breit. Außerdem musste das Höhe-Breite-Verhältnis verändert werden, damit die gesamte Formel auf den Ring passte.

Nachdem der Rohling gegossen war, begann Eric mit dem Gravieren:





Nach ein paar Stunden unter der Lupenbrille war die obere Fläche fertig:



Zu guter Letzt wurden die ersten 26 Stellen von PI auf den Rand graviert. Die ersten Ziffern etwas größer, denn das allseits bekannte "3.14" soll schließlich gut zu sehen sein, die übrigen Ziffern kleiner. Schließlich noch die Mattierung und etwas Feinschliff und der Ring war fertig:



Der Pi-Ring hat trotz seines zarten Alters schon mehrfach Anlass zu Gesprächen gegeben und wird als "nice", "unique" und "funny" angesehen. Ich würde zu gerne wissen, wem er gehört ;-)

PS. Die Amerikaner sagen übrigens "PEI" statt "PI", genau genommen ist es also ein PEI-Ring. Eigentlich ja eher "a quarter of pi", also ein Viertelkreis, bzw. korrekt ausgesprochen "a quarter of a pie", was wie Eric meinte, wie ein Stück Pizza aussehen müsste - was ja auch mit "Pi" anfängt. Pure Koinzidenz oder Kausalzusammenhang? Keine Ahnung. Vielleicht enthält der Ring ja eine Geheimformel für Pizza; obendrauf der Teig und auf dem Rand die Zutaten: 1 ist der Käse, 4 die Jahreszeiten, usw. ?!?

Have fun!

Sunday, June 3, 2012

What did we learn?

Das folgende Foto habe ich im April in New York von der Aussichtsplattform des Rockefeller Centers aufgenommen. Es zeigt das Empire State Building, und im Hintergrund die Südspitze Manhattans mit all ihren Hochhäusern und Straßenschluchten. Man sieht, wie die neuen Wolkenkratzer des World Trade Center Komplexes langsam wieder in den Himmel wachsen und die Skyline der City erneut zu dominieren beginnen:



Vordergründig ist das natürlich ein attraktives Bild. Die monumentale Statur des Empire State Buildings, die tiefe Staffelung der Hochhäuser, die plakativen Farben des Sonnenuntergangs - all das tut seine Wirkung. Ohne die provokative Frage aus dem Titel des Postings wäre die Welt in Ordnung.

Aber bei näherer Betrachtung provoziert das Foto natürlich eine wichtige und viel diskutierte Frage in Bezug auf die mittelfristige Reaktion auf die desaströsen Ereignisse des 11. September 2001.

Soll man das wirklich alles wieder aufbauen? Genauso wie vorher? Eher noch schöner und größer? Frei nach dem Motto, "Wir lassen uns nicht unterkriegen!". Wir, die New Yorker, und die gesamte "freie" westliche Welt!

Natürlich kann man so argumentieren...

Aber vielleicht wäre es besser gewesen, Lehren zu ziehen. Muss der Wiederaufbau nicht eine erneute Provokation in den Augen all derer sein, die an diesem exhibitionistisch zur Schau gestellten Prunk nicht teilhaben können (oder wollen)?

Kann eine Reaktion, die derartige Grundsatzfragen ganz offensichtlich ignoriert, überhaupt angemessen sein? In Zeiten des grotesken Wertverfalls von Immobilien? In Zeiten US-amerikanischer und globaler Finanz- und Wirtschaftskrisen? Krisen. Die zu großen Teilen von eben jenen Institutionen verursacht wurden, die sich nun erneut zur Schau stellen?

Ist den Opfern der Anschläge damit Genüge getan?

I know, "The show must go on"!

Aber mitunter fehlt mir ein bisschen die kritische Distanz zur eigenen Schönheit und Großartigkeit...